Kanban

David J. Anderson:

David J. Anderson ist ein weltweit führender Pionier im Bereich der Kanban Methode. Er verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der High Tech Industrie und arbeitete bei IBM, Sprint, Motorola und Microsoft.

Er ist Autor von 7 führenden Bücher in diesem Bereich und beschreibt, wie sich Unternehmen Stück für Stück in evolutionärer Weise verbessern.

Seine Kernüberzeugung ist, dass moderne Wissensarbeiter meist überlastet sind, zu oft gestört werden und zu viele Dinge gleichzeitig tun. Auf diese Weise sinken Qualität und Produktivität.

Durch das Pull-Prinzip und WIP-Limits helfen Kanban Prinzipien die Durchlaufzeit zu reduzieren. Somit gewinnt Qualität wieder die Oberhand und die schnelle Fertigstellung schafft zusätzlichen Nutzen und Flexibilität.

Einleitung: Was ist Kanban und wie funktioniert es?

Kanban ist eine Methode, mit der Abläufe im Unternehmen durch Regeln und Visualisierung effizienter und zuverlässiger gestaltet werden. Entwickelt wurde das Prinzip bereits 1947 vom Ingenieur Taiichi Öno bei Toyota in Japan. Heute ist dieses System Standard in vielen modernen Produktionsunternehmen. Sie wurde später für die Optimierung von Abläufen in nicht produzierenden Bereichen erfolgreich adaptiert.

Kanban ist wie Scrum eine agile Methode. Sie enthält auch Elemente des Lean Managements. Richtig angewendet erhöht Kanban die Transparenz im Team, verbessert die Qualität des Endproduktes und erhöht sowohl die Produktivität als auch die Flexibilität der Organisation.

In diesem Beitrag wird Kanban kurz erklärt und erfahren Sie mehr über die Regeln und Prinzipien nach denen Kanban arbeitet. Natürlich werden wir auch auf Vorteile und Nachteile der Methode eingehen.


Kanban Prinzip

Das Kanban Prinzip

Tatsächlich gibt es mehrere Kanban Prinzipien. Einige sind spezifisch für Kanban, andere kennen Sie bereits von weiteren agilen Methoden.

Ein gemeinsames Prinzip aller dieser Methoden ist die Transparenz. Durch die Darstellung aller zu erledigen Themen auf Karten in den Spalten des Kanban Boards ergibt sich ein perfekter Überblick über die aktuelle Situation. In der ersten Spalte befindet sich der Arbeitsvorrat, es folgen Spalten mit den folgenden Prozessschritten, z.B. „Kalkulation“ und „Angebot erstellen“. Die letzte Spalte enthält die abgeschlossene Arbeit. Auf diese Weise hat jedes Teammitglied einen vollständigen Überblick über die aktuelle Arbeit und die Auslastungssituation.

Das wohl bekannteste Prinzip ist das Pull Prinzip. In traditionellen Fertigungen geht es darum, an einer Fertigungsstelle den maximalen Output zu erzielen. Dieser bildet dann den Arbeitsvorrat für die folgende Fertigungsstufe. Durch zwangsläufig unterschiedlichen Output der verschiedenen Fertigungsstufen leidet in der Konsequenz der gesamte Arbeitsfluss.

Das Pull Prinzip dreht diesen Mechanismus um: Erst, wenn in der letzten Fertigungsstufe ein Produkt fertiggestellt ist, darf die vorgelagerte Fertigungsstufe mit der Bearbeitung einer neuen Aufgabe beginnen. Zu Ende gedacht bedeutet dies, dass die Produktionskette von der Kundenbestellung her „aufgezogen“ wird. Lokale Produktivitätsoptimierung wird vermieden zu Gunsten eines kontinuierlichen Arbeitsflusses.

Hiermit einher geht das Prinzip des WIP-Limits. WIP = Work in Progress. In jedem Fertigungsschritt gibt es eine maximal erlaubte Anzahl gleichzeitiger Aufgaben. Sobald dieses WIP-Limit erreicht ist, darf kein weiterer Work Item in Bearbeitung genommen werden. Das WIP-Limit stellt also eine Begrenzung der Arbeit dar.

Zu den Kanban Prinzipien gehört auch das Vorhandensein von festen Regeln.

Folgende Vereinbarungen sind festgelegt:

  • Beginne, wo Du dich befindest:
    Egal auf welchem organisatorischen Niveau sich ein Team befindet, es fängt mit Verbesserungen genau dort an.
  • Inkrementelle Verbesserungen:
    In agilen Methoden geht es nicht darum mit großen Veränderungen Ergebnisse zu erzielen. Vielmehr geht es darum, kontinuierlich kleine Verbesserungen schnell umzusetzen. Dabei wird ein Team kontinuierlich besser, wodurch die Leistungsfähigkeit zu Beginn der Einführung von Kanban irrelevant wird.
  • Kurze Feedback Zyklen:
    Es werden kurze Feedback-Schleifen angestrebt. So trifft sich das Team täglich zu einem Meeting vor dem Kanban Board (Daily Meeting), in dem Aufgaben organisiert, Probleme besprochen und Blockaden aus dem Weg geräumt werden.
  • Respektiere bestehende Rollen und Abläufe:
    Agile Methoden basieren immer auf Respekt. Dies bezieht sich sowohl auf Respekt vor Personen als auch auf den Respekt vor existierenden Verfahren und Abläufen.
  • Definition of Done:
    Ein Work Item darf erst dann in die nächste Spalte geschoben werden, wenn die Bedingungen für das Fertigstellen dieses Schrittes erfüllt sind. Diese Bedingungen werden Definition of Done genannt. Dies stellt sicher, dass alle Prozessschritte sicher und qualitativ abgesichert aufeinander folgen können.

Kanban Methode

Die Kanban Methode

Das Kanban System ist verhältnismäßig einfach und benötigt daher wenig Schulung. Es basiert auf dem Visualisieren des aktuellen Arbeitsvorrats, also aller offenen Aufgaben, in Form von Karten für jede Aufgabe auf einem Board. Dabei wandern die Karten von der Spalte Arbeitsvorrat über die verschiedenen Prozessschritte bis zur Spalte „erledigt“.

Ein Kanban Board besteht aus mindestens drei Spalten: anstehend, in Arbeit und erledigt. Je nach Komplexität des Arbeitsflusses werden weitere Spalten hinzugefügt z.B. QS und Dokumentation.

Für jede Spalte wird nun ein WIP-Limit festgelegt, also eine Höchstzahl an Aufgaben, die gleichzeitig in Bearbeitung sein dürfen. Dieses WIP-Limit wird u.a. von der vorhandenen Kapazität in der Fertigungsstufe bestimmt. Geht es z.B. um die Dokumentation eines Features, steht hier nur eine Person zur Verfügung und diese Person erledigt zwei Aufgaben pro Tag, wird das WIP-Limit möglicherweise bei zwei oder drei liegen.

Das WIP-Limit fußt auf der Überzeugung, dass sequenzielles Arbeiten (nicht mehr als eine Aufgabe gleichzeitig bearbeiten) produktiver ist als paralleles Arbeiten. Diese Methode kann mit wachsender Erfahrung des Teams im Zeitablauf angepasst werden, um die Ergebnisse kontinuierlich zu verbessern.

Das Team trifft sich in einem täglichen Meeting vor dem Board. Dort werden anstehende Probleme besprochen, mögliche Hindernisse beseitigt und neue Aufgaben eingeplant. Die klassische Version ist ein physisches Board auf das die Arbeitskarten geklebt oder gesteckt werden.

Diese Methode funktioniert nur, wenn alle Teammitglieder am gleichen Ort arbeiten. Verteilte Teams nutzen digitale Kanban-Boards.

Vorteile von Kanban

Kanban Vorteile sind vielfältig:

  • Transparenz über Arbeitsvorrat und Arbeitsfluss für das gesamte Team
  • Verbesserung der Qualität der Arbeit
  • Verstetigung des Arbeitsflusses
  • Verringerung der Durchlaufzeiten
  • Erhöhung der Produktivität der Mitarbeiter
  • Bessere Vorhersagbarkeit von Lieferterminen
  • Vermeidung von Überlastung der Teammitglieder
  • Schnelles Feedback und schnelle Beseitigung von Hemmnissen
  • Einfache Einführung der Methode und wenige, leicht verständliche Regeln
  • Kaum Schulung notwendig
  • Kein technisches System erforderlich

Nachteile von Kanban

Bei allen Vorteilen und nachweisbaren Ergebnissen der Methode in der Praxis hat Kanban auch Nachteile.

  • Begrenzte Teamgröße:
    Die Kanban Methode wird im Allgemeinen für Teams bestehend aus 3 bis 10 Mitarbeitern empfohlen. Bei größeren Teams leidet die Fokussierung durch stetig steigenden Kommunikationsaufwand.
  • Keine langfristige Planung:
    Kanban fokussiert auf den aktuellen Arbeitsvorrat und iteriert auf täglicher, maximal wöchentlicher Basis. Aussagen zu langfristigen Lieferterminen sind somit schwierig. Dies ist im klassischen Projektmanagement meist ein Ausschlusskriterium.
  • Pull Prinzip ist nicht immer sinnvoll:
    Es gibt Situationen und Bedingungen, in denen es sinnvoller ist auf Halde zu produzieren. Dies kann z.B. bei hohen Rüst- und Anlaufkosten einer Maschine der Fall sein. Auch zyklische Nachfrageverläufe können das Abweichen vom Pull-Prinzip notwendig machen.

Fazit Kanban Methode

Fazit

Die Kanban Methode ist ein leichtgewichtiges Verfahren, mit dem der Arbeitsfluss in produzierenden Unternehmen verstetigt wird. Die Kanban Methode wird mit großem Erfolg auch in nicht-produzierenden Bereichen wie der Softwareentwicklung oder in Serviceorganisation eingesetzt. Auch im Projektmanagement bietet Kanban Vorteile und kommt immer häufiger zum Einsatz.

Durch das Visualisieren des Arbeitsflusses, die Einbeziehung aller Teammitglieder und dem Einhalten einfacher Prinzipien werden mit dieser Methode erstaunliche Ergebnisse hinsichtlich der Verbesserung von Qualität und Produktivität erzielt.

Lesen Sie auch, wie Sie mit humbee Kanban effektiver nutzen.

Weitergehende Informationen und Buchempfehlungen

Die David J. Anderson School of Management bietet Weiterbildungsmöglichkeiten rund um das Thema Kanban an. Ein vollständiger Überblick über die Methode findet sich in Wikipedia.

Wer tiefer in das Thema Kanban einsteigen möchte, findet gute Inhalte in folgenden Büchern:

  • Kanban: Successful Evolutionary Change for Your Technology Business, von David J. Anderson, ISBN 978-0984521401
  • Kanban in Action, von Marcus Hammarberg und Joakim Sunden, ISBN 978-1617291050
  • Kanban Made Simple – Demystifying and Applying Toyota's Legendary ManufacturingProcess. John M. Gross and Kenneth R. Mcinnis ISBN 0-8144-0763-3