Digitale Akten
Akten gelten gemeinhin als verstaubt. Digitale Akten können dagegen ein wichtiger Baustein einer Digitalisierungsstrategie sein. Was zeichnet digitale Akten aus? Warum können digitale Akten der Schlüssel zu mehr Produktivität sein? In diesem Artikel gebe ich Ihnen Einblicke in ein spannendes Thema. Sie erfahren, welche Prinzipien und Merkmale beim Thema digitale Akten von Bedeutung sind. Auf diese Weise erhalten Sie einen guten Überblick über das Thema. Vielleicht dient Ihnen dieser Artikel auch als Entscheidungshilfe, wenn Sie selber digitale Akten einführen wollen.
Digitale- und Papierakten
Das Konzept digitaler Akten ist grundsätzlich vergleichbar mit papiergebundenen Akten. Vereinfacht gesagt führen Akten Dokumente vorgangsbezogen zusammen und legen sie ab. Digitale Akten können jedoch viel mehr und müssen auch viel mehr können. Das ist auch der Grund für diesen Artikel: die einfache Übertragung aus der analogen in die digitale Welt führt in der Regel zum Scheitern eines entsprechenden Projektes.
Die Ursache dafür liegt im Charakter des anderen Trägermediums. Papier ist physisch, Sie können es lochen, stapeln und in Ordnern ablegen. Der Umgang mit Papier ist gelernt und für jeden leicht nachvollziehbar. Suchen Sie nach einer Information, suchen Sie zunächst den Ordner und blättern dann darin, bis Sie das gewünschte Dokument gefunden haben.
In der digitalen Welt benötigen Sie ein Programm, das Ihnen die Arbeit mit digitalen Akten ermöglicht. Bereits da beginnt das Problem. Die Benutzeroberflächen der unterschiedlichen Programme unterscheiden sich erheblich. Sie können sich also leicht vorstellen, dass der Zugriff und die Arbeit mit digitalen Akten kaum so einfach und intuitiv ist wie dies bei Papierakten der Fall ist.
Hinzu kommen die weitergehenden Möglichkeiten, die digitale Akten bieten: Digitale Akten stehen jedem Berechtigten jederzeit und an jedem Ort zur Verfügung. Dies ist beispielsweise ein unschätzbarer Vorteil sobald viele Menschen im Home Office arbeiten sollen. Digitale Akten können in Windeseile nach Schlüsselwörtern durchsucht werden. Die Zeiten für die Suche nach Informationen sind enorm kurz. Aufgrund der guten Auskunftsfähigkeit steigt die Chance, guten Service zu leisten, stark an.
Die Basis ist in beiden Welten gleich: Informationen zu einem Thema bzw. einem Vorgang finden sich in einer Akte. Digitale Akten unterscheiden sich jedoch sehr hinsichtlich des Zugangs durch den Nutzer und der erweiterten Möglichkeiten, die sie bei guter konzeptioneller Umsetzung bieten.
Digitale Akten: Prinzip der Vollständigkeit und Chronologie
Papierakten folgen diesen beiden Prinzipien schon immer. Eine Akte die nicht vollständig ist, ist wertlos! Papierakten werden schon aus Gründen der Einfachheit der Ablage chronologisch geführt. Allerdings auch aus gutem Grund, denn nur in chronologischen Akten kann der Mensch die Information leicht aufnehmen und verarbeiten.
Es ist also nur folgerichtig, dass beide Prinzipien auch in digitalen Akten beachtet werden sollten. Klassische DMS-Systeme tun sich mit dem Prinzip der Vollständigkeit schwer. Sie sind naturgemäß dokumentzentriert entworfen. Digitale Akten müssen neben Dokumenten jedoch auch Aufgaben, E-Mails, interne Kommunikation (z. B. Chats und Kommentare) aufnehmen. Für ein dokumentzentriertes System ist dies eine große Herausforderung. Für Systeme, die aus dem Bereich der Vorgangsbearbeitung kommen, ist dies eher normal. Sie können regelmäßig gut mit den verschiedenen Informationsobjekten umgehen.
Die Chronologie kann von technischen Systemen grundsätzlich gut abgebildet werden. Voraussetzung ist, dass der Hersteller hier konzeptionelle Vorkehrungen getroffen hat. Immer wieder sieht man Systeme, in denen E-Mails, Dateien, Aufgaben und Nachrichten in getrennten „Töpfen“ visualisiert werden. Um einen Überblick über ein Thema zu erhalten ist der Nutzer gezwungen, jeden Topf nacheinander durchzusehen. Eine Gesamtchronologie ist somit kaum zu erfassen, der Anwender wird sich mit einem solchen System nicht wohlfühlen.
Achten Sie darauf, dass eine digitale Akte so etwas wie eine Time-Line hat, auf der die Informationen streng chronologisch visualisiert werden.
Die Bedeutung von Eigenschaften
Eigenschaften sind das Salz in der Suppe für digitale Akten. Sie ermöglichen die Schaffung von Verknüpfungen und somit automatisch eine Verbesserung von Suchmöglichkeiten. Sie tragen wesentlich zum Mehrwert von digitalen Akten bei. Aber was sind mögliche Eigenschaften?
Eine Fallnummer, ein Aktenzeichen und die Position innerhalb des Aktenplanes sind die „normalen“ Eigenschaften, die man erwartet. In konkreten Akten eines Fachgebietes sind es die spezifischen Bezugsobjekte, die die Eigenschaften vorgeben. So sind die Personalnummer, der Mitarbeitername, sein Geburtsdatum und Wohnort sowie seine Position weitere Kandidaten für eine Eigenschaft.
Bei Aufträgen ist es die Auftragsnummer, der Kunde, der Produktbereich, der Liefertermin und vieles mehr. Sie sehen, es kann viele Eigenschaften in einer Akte geben. Weniger ist hier mehr. Starten Sie idealerweise mit einem leeren System und überlegen Sie, welchen Eigenschaften Sie wirklich brauchen. Definieren Sie zu viele Eigenschaften, so sinkt die Akzeptanz der Anwender, das System wird schwerfälliger, die Datenpflege aufwändig.
Hilfreich sind daher Systeme, die nur mit wenigen Standardeigenschaften ausgeliefert werden. Definieren Sie die notwendigen Eigenschaften gemeinsam mit den erfahrenen Anwendern und widerstehen Sie dem Drang, möglichst viele Eigenschaften zu definieren. Glauben Sie mir, Sie laufen nicht Gefahr, zu wenige Felder zu haben. Pareto hat hier immer Recht: 20 % des Aufwandes schafft 80 % des Nutzens.
Bearbeitungsmöglichkeiten und Integrationen
Neben der reinen Ablage von Informationen sind die Bearbeitungsmöglichkeiten von wesentlicher Bedeutung. Schriftverkehr, Dokumente und E-Mails erzeugen Sie unmittelbar in der Akte. Das spart aufwändige nachträgliche Ablage und vermeidet Fehler.
Nachträgliche Bearbeitung von Einträgen und Dokumenten sollten möglich sein. Versionskontrolle und Protokollierung von Änderungen gehören ebenfalls oft zum Standard. Verfügungen, Beschlüsse, Abstimmungen und Rückfragen ergänzen die Möglichkeiten.
Ein System zur Verwaltung digitaler Akten schreit förmlich nach rechtssicherer Archivierung. Folgerichtig können Sie darauf achten, eine Schnittstelle zu einem klassischen DMS System zu erwerben oder das neue Wunschsystem verfügt gleich selbst über eine entsprechende Archivfunktionalität.
Grundsätzlich gilt, je offener und standardisierter Schnittstellen sind, desto besser. Mit Hilfe derartiger Schnittstellen bilden Sie fachliche Aufgabenstellungen leicht ab. Eine digitale Schadenakte kann mit Hilfe eines API-Calls beispielsweise eine Schadennummer eines Host-Systems anfordern.
Automatisierung mit Prozessmodellen und Workflows
Kommen wir nun zur Kür: in digitalen Systemen bilden Sie Prozesse und Workflows meist recht einfach ab. Auf diese Weise erreichen Sie eine standardisierte Bearbeitung und können große Teile der Tätigkeiten automatisieren.
Quasi als Nebeneffekt gewinnen Sie wertvolle Prozessdaten. Diese Daten können analysiert und zur weiteren Prozessverbesserung eingesetzt werden.
Wie Sie sehen, sind digitale Akten weitaus leistungsfähiger als ihre analogen Pendants. Dabei ist auch hier der Weg das Ziel. Projekte in der Praxis haben gezeigt, dass ein schrittweises Vorgehen Risiken minimiert, Benutzerakzeptanz erhöht und hilft, die richtigen Prioritäten zu setzen. Im Idealfall unterstützt Ihr neues System eine iterative und agile Einführung. Vor diesem Hintergrund erscheinen Akten doch schon gar nicht mehr verstaubt, oder?
Sicherheit und Berechtigungen
Akten enthalten meist schützenswerte Informationen. Insofern ist auch bei digitalen Akten das Thema Datenschutz relevant. Hier gelten zunächst alle Grundsätze zum Thema Sicherheit, die auch sonst beim Thema Datenverarbeitung Gültigkeit haben.
Bei digitalen Akten möchte ich hier jedoch konkret das Berechtigungskonzept hervorheben. Es sollte einfach möglich sein, bestimmte Aktentypen mit Berechtigungen für bestimmte Anwendergruppen zu verknüpfen. So ist es zum Beispiel üblich, dass Personalakten nur von Mitarbeitern der Personalabteilung eingesehen und bearbeitet werden dürfen. Dies sollte in einem System zur Bearbeitung von digitalen Akten ebenfalls sichergestellt sein.
Fast ebenso wichtig wie Vorgaben von Berechtigungen ist die Möglichkeit für Anwender, Berechtigungen selber zu steuern. Das Vertrauen in die Kompetenz und Umsicht Ihrer Mitarbeiter lohnt sich. Sie können so fallweise selber entscheiden. Das technisch aufwändige und oft nur schwer pflegbare zentrale Berechtigungskonzept bildet so eine Basis, die dennoch wartbar bleibt.
Tipp: achten Sie darauf, dass Anwender bereits in der Suche keinerlei Informationen über das Vorhandensein von Akten erhalten, auf die sie keinen Zugriff haben. Allein das Wissen um die Existenz eines Vorgangs „Abmahnung“ zu einer bestimmten Person wäre u.U. bereits fatal.
Digitale Akten – ein Fazit
Das Konzept digitaler Akten weist viele Ähnlichkeiten zu herkömmlichen Akten auf. Die Digitalisierung stellt darüber hinaus viele weitere interessante Möglichkeiten zur Verfügung. Systeme, die die Abbildung digitaler Akten ermöglichen, gibt es viele. Achten Sie bei der Auswahl auf ein System, das die neuen digitalen Möglichkeiten konzeptionell klug und möglichst vollständig berücksichtigt.
Sie werden dann die ganze Macht digitaler Akten erleben: mehr Überblick, jederzeitiger Zugriff auf Informationen und eine enorme Steigerung der Produktivität. Sie werden Akten nie wieder als verstaubt bezeichnen, es sei denn sie liegen schon lange im Keller.
Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema Digitale Akten und DMS Software.